Auvergne-Rhône-Alpes
Frankreich
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Zwischen Dauphiné und Savoie, zwischen den Ausläufern der Chartreuse und dem Paladru-See, zeugt das Château de Longpra in grüner Kulisse im Ainan-Tal von der siebenhundertjährigen Geschichte eines Landes – und seit fünf Jahrhunderten ist es im Familienbesitz. Es handelt sich um ein außergewöhnliches Ensemble, typisch für die Dauphiné-Architektur des 18. Jahrhunderts. Wie eine “Insel im Grünen” ist das Schloss durch eine Zugbrücke über den Wassergraben erreichbar.
Das Abenteuer begann 1536, als Charles Pascal, königlicher Notar in Saint-Geoire-en-Valdaine und Anwalt der Grafen von Clermont, das damals nur von Gräben umgebene und durch eine zinnenbewehrte Einfriedung solide verteidigte Haus erwarb, wie bereits eine Urkunde von 1304 bezeugt. Aus dieser Zeit sind der 378 Meter lange Wassergraben und Reste der alten Zugbrücke erhalten; die heutige Brücke stammt aus dem 17.Jahrhundert. Unter der Herrschaft von Montferrat gehörte das befestigte Haus im 15. Jahrhundert der Dame Aymare de Paladru, Witwe von Aymar de Clermont, dann der
Frau von Antoine de Paladru, Herr von Montferrat.Mit diesem Erwerb fügte Charles Pascal seinem Titel des Notars in Saint-Geoire den Titel des Herrn von Longpra hinzu. Seit diesem Zeitpunkt ist das Anwesen in derselben Familie geblieben.
Bereits 1755 beschloss Pierre-Antoine Pascalis de Longpra, Ratsherr und späterer Präsident des Parlaments von Grenoble, wieder in das strenge befestigte Gebäude einzuziehen, das seit Beginn des 16. Jahrhunderts verlassen war. Als Mann der Kultur und Kunstliebhaber ließ er es in eine raffinierte Residenz im neoklassischen Geist und italienischen Geschmack des späten 18. Jahrhunderts umwandeln, wobei die Fundamente, der Graben und die Zugbrücke erhalten blieben. Die Arbeiten dauerten fast vierzig Jahre.
Der Hof war von Toren umschlossen und in der Mitte stand ein achteckiges Brunnenbecken mit einem abgerundeten Randstein, aus dem kristallklares Wasser aus den benachbarten Quellen sprudelte. Der Grundriss des regelmäßigen Gartens vor dem Schloss ist noch in der heutigen Rasenfläche der Südterrasse zu sehen; der Park ist umgeben von anmutigen Baumgruppen, Hügel und Wiesen. Im Norden befindet sich eine Plantage mit Linden und Kastanienbäumen, die mittlerweile zweihundert Jahre alt sind.
1844 vermachte der letzte der Longpra-Familie, der keine Nachkommen hatte, das Anwesen und die Ländereien seiner Nichte und Patentochter Eugénie Chosson du Colombier, die 1834 Baron Anselme Pasquier de Franclieu heiratete, der von der Ile de France stammte. Sie beschlossen 1842, sich in Longpra niederzulassen. Als Malerin stellte die neue Châtelaine de Longpra, die als eine der besten Malerinnen der École dauphinoise – einer Gruppe von Landschaftsmalern – des 19. Jahrhunderts gilt, gerne die Mitglieder ihrer Familie dar, und viele ihrer Gemälde sind von ihren Nachkommen erhalten geblieben.
Seit 1536 sind die Geschichten der beiden Familien, die der Pascal, dann Pascalis de Longpra, und die der Pasquier de Franclieu, zusammengelaufen und verschmolzen, um gemeinsam das Schicksal des Schlosses von Longpra zu schreiben. Im Geiste der Kontinuität haben sich alle Generationen, die in Longpra aufeinander folgten, dafür eingesetzt, dass Longpra ein authentisches Zeugnis der vergangenen Jahrhunderte und der Geschichte der Region ist.
Im Geiste der Offenheit beschlossen Graf Hugues und Gräfin Jehanne Pasquier de Franclieu 1984, das Château de Longpra für Besucher zu öffnen, eine Tradition, die seither von Albert und Evelyne de Franclieu, dann von Hugues und Philippine de Franclieu fortgesetzt wurde.
Zu bewundern gibt es auf dem Anwesen neben der Kapelle und ihrer Geheimnisse, das Innere des Hauses mit seinen großen Treppenhäusern, seiner Dekoration, den Möbeln und Innenausstattungen aus 700 Jahren Geschichte. Die Dekorationen und Holzarbeiten sind das Werk von Schreinern aus Hache de Grenoble, ebenso wie der Parkettboden im Grand Salon, die sich über 100 m² erstreckt. Es gibt eine Dauerausstellung im Museum für Holzbearbeitungswerkzeuge aus dem 18. und 19. Jahrhundert: Es handelt sich um die größte private Sammlung von Werkzeugen aus dieser Zeit. Es weiteren kann man sich 2 Dokumentarfilme anschauen:
– “Die Wunder des Gewöhnlichen” ermöglichen die Entdeckung der Fauna und Flora von Schloss Longpra im Laufe der Jahreszeiten.
– “Das handwerkliche Können” zeigt den Prozess der Gemälderestaurierung: ein Gemälde von Pierre de Cortone, “Die Heilige Familie”, sowie zwei Gemälde der Französischen Schule aus dem 18.
Wir danken den Verantwortlichen des Châteaus de Longpra für Texte und Photos. Die Bildrechte liegen dort.
+ 3 Wochen täglicher Öffnung ab Anfang August (Zeitraum wird noch bestätigt, bitte vorher auf unserer Website prüfen)
Die Führungen starten um 14:30h, 15:30h, 16:30h und 17:30h.
Alle Angaben ohne Gewähr. Öffnungszeiten können sich ändern. Bitte überprüfen Sie diese kurzfristig auf der Website.
(Stand 2021)
Allgemeine Tipps Für Schlösser- und Burgentouren empfehlen wir das niederschlagsarme Frühjahr und den milden Herbst. Im Süden (z.B. im Katharerland) sollten Sie Touren gut vorbereiten (genug Wasser / Sonnenschutz LF 50) und nicht alleine gehen - die Orte sind zum Teil sehr abgelegen. WICHTIG: Checken Sie vor dem Besuch - gerade bei kleineren Schlössern - die Öffnungszeiten auf deren Website.
Tickets Viele französische Kulturdenkmäler gehören zu den beliebtesten Sehenswürdigkeiten Europas. Bestellen Sie - sofern möglich - die Karten vorab. Gerade bei vielen Schlössern im Loire-Gebiet oder Orten wie der Abtei Mont Saint Michel haben Sie teils SEHR lange Wartezeiten.
Reiseführer Wir verwenden gerne den Baedeker Reiseführer Frankreich oder Lonely Planet Reiseführer Frankreich (Lonely Planet Reiseführer Deutsch). Als Hosentaschen-Reiseführer nutzen wir außerdem den MARCO POLO Reiseführer Frankreich: Reisen mit Insider-Tipps.
Lese-Tipps
- Mehr auf burgen.de: Unsere Frankreich-Übersicht | Liste der schönsten französischen Burgen & Schlösser | Übersicht Loire-Schlösser
- Die Website des Französischen Fremdenverkehrsamtes (www.france.fr) ist eine schöne Quelle der Inspiration. Merci beaucoup.
- Wer sich auf die Kultur vorbereiten möchte, dem empfehlen wir das Buch "So sind sie, die Franzosen: Die Fremdenversteher von Reise Know-How" (Knapp) - etwas bissig, aber voller humorvoller Einsichten.
- Die Romanreihe Fortune de France von Robert Merle erzählt in 13 (!) Bänden die Geschichte Frankreichs im 16. und 17. Jahrhundert. Ordentlicher Lesestoff - eine tolle Vorbereitung auf die Schlösser der Loire und all die Francois', Louis' und Henris, die einem in den Schlössern begegnen.
- Eine der beeindruckendsten Persönlichkeiten des Mittelalters war Eleonore von Aquitanien. Ihrem Leben kann man sich mit "Die Löwin von Aquitanien: Historischer Roman" von Tanja Kinkel unterhaltsam nähern.