Auvergne-Rhône-Alpes
Frankreich
In der Nähe
Lesezeit: 5 min
Das majestätische Schloss, das von seinem Hügel die Ufer des Besbre überblickt, hat hinter seiner eleganten Fassade viele Stile aufeinander folgen sehen: Gotik, Renaissance, Neogotik, immer in der Mode des Bourbonnais. Die Epochen haben ein Erbe von kämpferischen Schönheiten und ein Meisterwerk hinterlassen: Die Decke des Goldenen Salons aus dem 16. Jahrhundert im Stil der Renaissance gilt als einzigartig in Europa. Es besteht aus perfekt symmetrischen Holzrauten, die mit Blättern bemalt und vergoldet sind. In diesem Raum findet man auch prunkvolle Wandteppiche aus dem 16.Jahrhundert.
Die Burg, zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert erbaut, und die Herrschaft von La Palice gehörten 1230 Roger de la Palice. Der Besitz ging in den Jahrzehnten durch Heirat an Marguerite de l’Espinasse, an Jeanne de Chastillon und schließlich 1429 an Charles de Bourbon über. Charles de Bourbon, später König Charles VII, der das Herzogtum in Abwesenheit seines in der Schlacht von Azincourt gefangen genommenen
Vaters Charles VI – wahlweise le Bien-Aimé (der Vielgeliebte) oder le Fou (der Wahnsinnige) genannt – verwaltete, verkaufte die Burg und die Châtellenie de la Palice am 18. März 1430 an Jacques de Chabannes, seinen Berater und Kammerherrn.Dessen Enkel Jacques II. de Chabannes, Seigneur de La Palice, der nicht nur als Marschall von Frankreich berühmt war, sondern auch für seine „vérités“ (Binsenweisheiten), errichtete zu Beginn des 16. Jahrhunderts den Renaissanceflügel aus rosafarbenen Ziegeln und verlieh dem Schloss Nüchternheit und Eleganz. Dieser Flügel ersetzte die Mauer, die die Festung mit der Kapelle im gotischen Stil verband, sie ist die Grablege der Familie de Chabannes seit 1453. Wahrscheinlich war es Jacques I. von Chabannes, der den Bau der Kapelle von Saint-Léger in Angriff nahm, bevor er wenige Monate nach seiner Verwundung in der Schlacht von Castillon 1453 starb. Sie beherbergt heute die Gisants von Jacques I. de Chabannes und seiner Frau Anne de Lavieu. Hierbei handelt es sich um die plastische Gestaltung des liegenden Toten auf einem Sarkophag oder Kenotaph.
Jacques II. war Großmeister von Frankreich und fiel er in der Schlacht bei Pavia im Jahr 1525. Im zu „Ehren“ entstand das „Das Lied von La Palice“ (französisch: La chanson de la Palisse). Aus diesem Lied stammt der französische Begriff Lapalissade, der eine ganz offensichtliche Wahrheit bedeutet – also eine Binsenweisheit oder Tautologie. Wenn man etwas Offensichtliches sagt, antwortet der Gesprächspartner: „Das hätte La Palice auch gesagt!“ (auf Französisch: La Palice en aurait dit autant!).
Die Inschrift auf seinem Grabstein lautet:
Ci-gît le Seigneur de La Palice: Si il‘ n’était pas mort, il ferait encore envie.
(Hier liegt der Herr von La Palice – wäre er nicht tot, man würde ihn immer noch beneiden.)
Man sagt, dass die letzten beiden Strophen aus einem Lied stammten, das seine Soldaten ihm zu Ehren komponiert hatten.
Hélas! La Palice est mort
Il est mort devant Pavie
Helás! Si il‘ n’était pas mort
Il ferait encore envie.
Alas! La Palice ist tot
Er starb vor Pavia
Alas! Wäre er nicht tot,
man würde ihn immer noch beneiden.
Im 18. Jahrhundert wandelte Bernard de la Monnoye „ferait encore envie“ in „serait encore en vie“, also „wäre noch am Leben“ um.
Der Sohn und Erbe von Jacques II. mit Namen Charles wurde 1552 bei der Belagerung von Metz ohne männliche Nachkommen getötet. Durch dessen Nichte ging die Herrschaft in die Familie von La Guiche de Saint-Géran über. Sie starb 1614 und ihr Mann 1632. In dieser Zeit wurden die feudalen Befestigungsanlagen weitgehend zerstört, ein Park „à la française“ angelegt und das Innere des Schlosses umgestaltet.
1724 wurden durch königliche Patente die Herrschaften und Ländereien von La Palice zur Markgrafschaft erhoben. Während der Französischen Revolution musste die Familie das Schloss verlassen. Erst im Jahr 1802 erhielt der Marquis den Rest des Familienbesitzes zurück, da das Anwesen veräußert oder aufgeteilt worden war. In der Zwischenzeit war das Schloss geplündert und als Gerichts- und Behördensitz genutzt worden; die Kapelle war fast zerstört worden. Erst ab 1846 verfügte man über die finanziellen Mittel, um die Restaurierung der Gebäude in Angriff zu nehmen.
Historische Fakten, Familienerinnerungen und Anekdoten mischen sich zu einem Zeugnis über die 30 Generationen, die sich im Schloss ablösten. Nur während der Französischen Revolution gab es eine kurze Unterbrechung. Das wunderschöne Ensemble aus dem 12. und 16. Jahrhundert präsentiert einen Renaissance-Flügel im italienischen Stil und einem Teil des Schlosses mit Türmen und Kurtinen, die aus dem 11. und 13. Jahrhundert stammen.
Das Schloss bietet auch die Ausstellung einer einzigartigen Sammlung, die den Flaggen der Nationen gewidmet ist. Heute befinden sich in den vollständig eingerichteten Wohnräumen viele historische Artefakte als Museum zur Geschichte des Schlosses. Dank einer Schatzsuche entdecken die jungen Besucher den Ursprung der Lapalissaden und erfahren, dass Jacques Ier de Chabannes de La Palice einer der treuen Mitstreiter von Jeanne d’Arc war…
Der für Besucher geöffnete Park lädt zu einem erholsamen Spaziergang unter seinen hundertjährigen Bäumen ein. Er stammt aus dem Anfang des 17. Jahrhunderts und wurde dann von dem großen Landschaftsarchitekten Paul de Lavenne, Graf de Choulot, Kammerherr des Herzogs von Bourbon Schwiegersohn von Jean-Frédéric de Chabannes, am Anfang des 19. Jahrhunderts umgestaltet.
Wir danken den Verantwortlichen des Châteaus de La Palice für Texte und Photos. Die Bildrechte liegen dort.
Allgemeine Tipps Für Schlösser- und Burgentouren empfehlen wir das niederschlagsarme Frühjahr und den milden Herbst. Im Süden (z.B. im Katharerland) sollten Sie Touren gut vorbereiten (genug Wasser / Sonnenschutz LF 50) und nicht alleine gehen - die Orte sind zum Teil sehr abgelegen. WICHTIG: Checken Sie vor dem Besuch - gerade bei kleineren Schlössern - die Öffnungszeiten auf deren Website.
Tickets Viele französische Kulturdenkmäler gehören zu den beliebtesten Sehenswürdigkeiten Europas. Bestellen Sie - sofern möglich - die Karten vorab. Gerade bei vielen Schlössern im Loire-Gebiet oder Orten wie der Abtei Mont Saint Michel haben Sie teils SEHR lange Wartezeiten.
Reiseführer Wir verwenden gerne den Baedeker Reiseführer Frankreich oder Lonely Planet Reiseführer Frankreich (Lonely Planet Reiseführer Deutsch). Als Hosentaschen-Reiseführer nutzen wir außerdem den MARCO POLO Reiseführer Frankreich: Reisen mit Insider-Tipps.
Lese-Tipps
- Mehr auf burgen.de: Unsere Frankreich-Übersicht | Liste der schönsten französischen Burgen & Schlösser | Übersicht Loire-Schlösser
- Die Website des Französischen Fremdenverkehrsamtes (www.france.fr) ist eine schöne Quelle der Inspiration. Merci beaucoup.
- Wer sich auf die Kultur vorbereiten möchte, dem empfehlen wir das Buch "So sind sie, die Franzosen: Die Fremdenversteher von Reise Know-How" (Knapp) - etwas bissig, aber voller humorvoller Einsichten.
- Die Romanreihe Fortune de France von Robert Merle erzählt in 13 (!) Bänden die Geschichte Frankreichs im 16. und 17. Jahrhundert. Ordentlicher Lesestoff - eine tolle Vorbereitung auf die Schlösser der Loire und all die Francois', Louis' und Henris, die einem in den Schlössern begegnen.
- Eine der beeindruckendsten Persönlichkeiten des Mittelalters war Eleonore von Aquitanien. Ihrem Leben kann man sich mit "Die Löwin von Aquitanien: Historischer Roman" von Tanja Kinkel unterhaltsam nähern.