Lazio
Italien
Lesezeit: 4 min
In den Hügeln der Provinz Latium – etwa 60 km nordwestlich von Rom – findet man einen der schönsten Renaissance-Paläste Italiens. Das massive Gebäude und seine beherrschende Lage über dem Ort Caprarola betonen nicht nur den Machtanspruch der Familie, die Architektur ist auch Ausdruck ihres raffinierten Kunstverstandes.
Die Residenz wurde auf den Fundamenten einer nicht fertig gestellten Burg aus den Jahren 1521 bis 1534 erbaut. Der spätere Papst Paul II hatte dem Architekten Antonio da Sangallo il Giovane den Auftrag gegeben, hier auf einem fünfseitigen Fundament eine Festung zu errichten. Die Form des Gebäudes, der Graben und die Eckbastionen stammen noch aus dieser Zeit. Die Wahl des Kardinals zum Papst beendete die Bauarbeiten.
Der gleichnamige Enkel des Papstes Kardinal Alessandro Farnese, auch der Grosse Kardinal genannt, erbte den Besitz und setzte die Bauarbeiten im Jahr 1559 fort. Die Stadt wurde damals umgebaut um die lange Zufahrtsstraße errichten zu können, welche über Treppen
zu einem Platz und über weitere Treppen zum Eingang führt. Der aus Bologna stammende Architekt Jacopo Barozzi da Vignola hatte die Aufgabe hier einen repräsentativen Palast zu errichten, wo der Kardinal die Sommerfrische genießen konnte.Die Wandmalereien im Palast stammen aus der Zeit von 1560 bis 1583 und gehören zu den wichtigsten spätmanieristischen Dekorationen der Epoche. Familiengeschichte, Mythologie und biblische Szenen verschönern nicht nur die Räume, sondern sind Hinweise auf die Funktion der Säle und dienen der Glorifizierung der Familie Farnese und im Besonderen des Kardinals.
Die Hauptfassade geht zur Stadtseite. Der ungewöhnliche Innenhof hat eine runde Form in einem fünfeckigen Gebäude und ist mit Säulen geschmückt. Um ihn herum führt eine Galerie. Der eindrucksvollste Raum ist die Scala Regia (königliche Treppe), ein prächtig ausgemaltes Treppenhaus mit einer spiralförmigen Treppe über drei Etagen, geschmückt mit 30 Säulen und gekrönt von einer Kuppel. Die reiche Dekoration die sich über alle Wände hinzieht, sollte dem Besucher auf dem Weg in das Piano Nobile die Tugenden des Besitzers gezeigt werden.
Von hier gelangt man in die prächtigsten Räume.
Loggia di ercole
Die Taten des Herakles sind das Thema dieses Raumes.Auf einem der größeren Paneele wird die Entstehung des Lago di Vico gezeigt. Dieser See liegt ganz in der Nähe des Palastes.
Sala del Mappampndo: Der Saal der Weltkarte gehört zu den Winterappartements und wird von Wand- und Deckenmalereien mit den Themen der Astrologie, Astronomie und Geographie geschmückt. Die Darstellung von Himmel und Erde sollten subtil die Macht und Ambitionen des Kardinals zeigen. Im Gewölbe findet man eine Himmelskarte mit einer Darstellung der Sternzeichen. Die goldenen Sterne sind akkurat nach dem damaligen Wissensstand eingezeichnet.
An den Wänden findet man auf der einen Seite Landkartenzeichnungen der damals bekannten Kontinente (Australien fehlt) und auf der gegenüberliegenden Seite Darstellungen der christlichen Länder Italien und Judea. Im Jahr 1578 fand hier ein Bankett zu Ehren Papst Gregor XIII statt, wenig später beauftragte er die Galerie der Karten im Vatikan.
Sala dei Fasti Farnesiani
Der Saal der farnesischen Taten hat die bedeutendsten Ereignisse der Familiengeschichte als Thema. Die Episoden an der Decke erzählen vom Aufstieg der Familie. Die großen Paneele an den Wänden sind den Vorfahren des Erbauers und ihrer Taten als Heerführer der Kirche oder weltlicher Herren gewidmet. Besonders bekannt ist das Fresko ” Der Grosse Kardinal als Friedensvermittler zwischen François I von Frankreich und Karl V von Taddeo Zuccari”.
Bereits im 16. Jahrhundert waren der Park und die Gärten ein wesentlicher Bestandteil des Gebäudes. Für den “großen Kardinal” Alessandro Farnese und seine Zeitgenossen der Spätrenaissance spielten die von Bäumen gesäumten Alleen, die verschiedenen Kunstwerke, das Casino als kleines Sommerhäuschen zum bewirten von Gästen und die Wasserspiele eine besondere Rolle.
Alessandro Farnese starb im Jahr 1589 und hinterließ seinen Besitz seinen Verwandten, den Herzögen von Parma. Im Jahr 1731 erbten die neapolitanischen Bourbonen den Besitz, die reiche Sammlung des Kardinals findet man heute im Nationalmuseum in Neapel.
Im 19. Jahrhundert war der Palast zeitweise die Residenz des italirnischen Kronprinzen. Seit 1941 gehört er dem Italienischen Staat. Der Palazzo Farnese wird seit Juli 2015 im Polo Museale del Lazio verwaltet, welche 46 Museen und Kulturstätten in der Region verwaltet. Das von Dr. Gabrielli geleitete Polo Museale hat innerhalb von drei Jahren rund sechs Millionen Euro in Caprarola investiert, für Instandhaltung, Restaurierung und Verbesserung.
Insbesondere dank ArtCity 2018 konnte Caprarola wichtige Musik- und Theaterwerke ausstellen. Die Resonanz der Öffentlichkeit war enorm: Im Jahr 2017 verzeichnete der Palazzo Farnese 71.000 Besucher gegenüber 57.000 im Jahr 2014 (+ 19%).