Hessen
Deutschland
Lesezeit: 4 min
Landgrafenburg, Fürstenresidenz, Festung – die gotische und spätgotische Anlage mit Renaissance-Anbauten hoch über der Stadt Marburg repräsentiert eine einzigartige, facettenreiche Geschichte.
Eine der frühesten Höhenburgen Deutschlands
Die Gründungsresidenz des hessischen Landgrafenhauses wurde als landschaftskrönende Sporn-Burg auf dem so genannten Gisonenfelsen erbaut. Erste Anfänge werden auf die Zeit um 1000 datiert, womit das Landgrafenschloss zu den frühesten Höhenburgen Deutschlands gehört und Ausgangspunkt für die Entwicklung der Stadt Marburg war. Den Namen verdankt die Stadt dem Umstand, dass hier früher die Grenze zwischen den Territorien der Landgrafen von Thüringen – zu denen Marburg seit dem 12. Jahrhundert gehörte – und der Erzbischöfe von Mainz verlief.
Etwa ein Jahrhundert später wurde das sogenannte Feste Haus von einer Turmburg abgelöst, einem Wohnturm mit umlaufender Ringmauer und vermutlich auch Nebengebäuden. Im Untergeschoss des Westflügels finden sich noch Überreste der alten Burganlagen aus dem 9. und 10. Jahrhundert.
Sophie von Brabant
Im Jahr 1247 starben die thüringischen Landgrafen in der
männlichen Linie aus. Sophie von Brabant, Tochter der „Heiligen Elisabeth von Thüringen „- deren Witwensitz Marburg gewesen war -, erhob für ihren Sohn Erbansprüche und rief 1248 in Marburg die Selbständigkeit Hessens aus. Sie begann um 1260 mit dem Umbau der alten Burg. Ihr Sohn Heinrich I. wurde der erste hessische Landgraf und ließ die Burg in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts ausbauen. Es entstanden der Südflügel, die 1288 geweihte Schlosskapelle und der Fürstensaal. Er gilt als größter noch erhaltender weltlicher Saal aus der Zeit der Gotik und wurde um 1300 fertiggestellt.Verlegung des Regierungssitzes nach Kassel
Heinrichs Sohn Otto verlegte 1308 den landgräflichen Sitz nach Kassel, welches Heinrich I. bereits ab 1277 zu einer weiteren Residenzstadt ausgebaut hatte. Obwohl Marburg als Wirkungsstätte und Grablege der Heiligen Elisabeth ein besonderes Ansehen genoss, verlor es damit an Bedeutung. Im Laufe des 14. Jahrhunderts sollte Kassel immer mehr den Vorrang gegenüber Marburg erhalten. Hier residierte nur noch eine Nebenlinie des Hauses. Wilhelm III. war verantwortlich für den großen Erweiterungsbau im Osten, den Wilhelmsbau – das neue dreigeschossige Wohngebäude – der mit einer Arkadenbrücke mit der alten Burg verbunden war.
Das Marburger Religionsgespräch
Da Wilhelm III keine Nachkommen hatte, erbte sein Vetter Wilhelm II. Dessen Sohn Philipp I. „der Großmütige“ sollte einer der bedeutendsten Landesfürsten und politischen Führer der Reformation werden. Zudem war er Gründer der nach ihm benannte Philipps-Universität Marburg. Er war es der 1529 führenden Reformatoren zum „Marburger Religionsgespräch“ einlud. Die Theologen, unter ihnen Martin Luther und Ulrich Zwingli diskutierten hier die Abendmahlsfrage und andere strittige Punkte ihrer neuen Glaubenslehre.
Nach Philipps Tod im Jahr 1567 wurde Hessen gemäß seinem letzten Willen unter seinen vier Söhnen aus erster Ehe aufgeteilt. Sein zweitgeborener Sohn wurde Ludwig IV. in Hessen-Marburg. Im neuen Renaissancestil ließ er dem mächtigen Schlosskörper die Rentkammer vorsetzen. Dazu entstanden prächtige hölzerne Schmuckportale im Fürstensaal, das Zeughaus wurde erneuert und 1575 der Marstall in der Vorburg gebaut. Um 1580 erfolgte die Umgestaltungen des Südtores. Da Ludwig kinderlos verstarb, erlosch die Linie Hessen-Marburg des Hessischen Fürstenhauses mit seinem Tod 1604 bereits wieder.
Im Dreißigjährigen Krieg
Im Jahr 1623 wurden Stadt und Festung Marburg durch die Truppen Tillys eingenommen. Nach dem Dreißigjährigen Krieg fiel der Marburger Teil an Hessen-Kassel, trotzdem behielt das Schloss seine Funktion einer Festungsanlage, die man auch weiter ausbaute. Allerdings wurden die Festungsbauten kurz vor 1800 wieder geschleift, da sie den militärischen Entwicklungen nicht mehr entsprachen. Heute findet man hier den Schlosspark.
Sitz der Universität und Museum
Im frühen 19. Jahrhundert nutzte man das Gebäude als Gefängnis und ab 1870 als Staatsarchiv. Ein bedeutender Teil des Schlosses, das sich heute im Besitz der Universität befindet, beherbergt das Museum für Kulturgeschichte mit Sammlungen u.a. zur Vor- und Frühgeschichte Hessens, zu religiöser Kunst und bürgerlich-städtischem Wohnen. Der Besuch des Museums bietet einen Rundgang durch die besonderen Räume des Schlosses: Der prächtige Fürstensaal gilt als einer der schönsten weltlichen Säle der Gotik in Deutschland und die 1288 geweihte Schlosskapelle besticht durch ihre mittelalterlichen Fresken. In drei Etagen des Wilhelmsbaus sind Dauerausstellungen zu den Themen „Kirchliche Kunst“, „Landesherrschaft“ und „Bürgerliches Wohnen“ eingerichtet.
Wir danken den Verantwortlichen des Marburg Tourismus für Infos und Photos. Die Bildrechte liegen dort.
April bis Oktober: Dienstag bis Sonntag 10:00h bis 18:00h
November bis März: Dienstag bis Sonntag 10:00 bis 16:00h
Montag geschlossen
Kunstmuseum
Montag, Mittwoch bis Sonntag 11:00h bis 17:00h
Jeweils der letzte Donnerstag im Monat 11:00h bis 21:00h
Dienstag geschlossen
(Stand 2021)
Alle Angaben ohne Gewähr. Öffnungszeiten können sich ändern. Bitte überprüfen Sie diese kurzfristig auf der Website.