Nouvelle-Aquitaine
Frankreich
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Das Château d’Oiron wurde im 16.Jahrhundert von der Familie Les Gouffiers gebaut und beherbergt heute eine Kunstsammlung mit Kuriositäten und Mirabilien, lose angelehnt an das Kuriositätenkabinett von Claude Gouffier, Edelmann im Gefolge des Königs Henri II von Frankreich.
Im Jahr 1449 verlieh der französische König Charles VII den Besitz Orion an Wilhelm Gouffier. 1515 wird Artus Gouffier zum Großmeister ernannt. Doch ihre höchste Stellung erreicht die Familie als sein Sohn Claude zum 1.Kammerherren und Grand Equerry von François I und Henri II ernannt wird. Er läßt in der Mitte des 16. Jahrhunderts die La Galerie du Grand Ecuyer in Auftrag geben, mit 55 Metern eine der längsten in Frankreich. Das Thema der Bilder ist der Trojanische Krieg und die Geschichte des Aeneas. Der Zyklus beginnt an der rechten Seite des Kamins mit einer Hommage an François I und beinhaltet 14 Szenen. Die Decke wurde im 17. Jahrhundert nach einem Brand erneuert.
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Sein Enkel Louis ließ in den Jahren 1620 bis 1642 den Pavillon du Roi bauen, verschönerte den Hauptflügel und schmückte die Sääle mit Wand- und Deckengemälden.
Erst zu Herzogswürden erhoben, verlor er nach einer Intrige gegen Kardinal Richelieu die Gnade des Königs. Auf Befehl des Königs Louis XIII wird er auf seinen Besitz verbannt.
Seine Tochter Charlotte ist die einzige Erbin. Sie heiratet den Herzog von La Feuillade.
Zwischen 1669 und 1683 läßt dieser den Pavillon des Trophées errichten und die Kapelle und das Renaissance Treppenhaus mit dem Hauptflügel verbinden.
Im Jahr 1700 wurde das Schloss von Madame de Montespan, der Mätresse Ludwigs XIV. für ihren Sohn, den Herzog von Antin erworben. Wenn sie sich nicht in ihrem Schloss in Bourbon-l’Archambault aufhielt, verweilte sie in Oiron. Sie starb im Jahr 1707. In ihrer Zeit wurde der Tour des Ondes, der Turm der Wellen gebaut.
Ab dem 18. Jahrhundert wurde das Schloss vernachlässigt. Schon im Jahr 1840 erkannte Prosper Mérimée, Inspecteur général des monuments historiques, die Bedeutung, aber auch die Beschädigungen an den Malereien in der Galerie. 1923 wurde das Château d’Oiron als Monument Historique klassizifiert. Seit 1941 gehört es dem Staat. In den späten 80er Jahren begann man neben den notwendigen Restaurationen mit dem Aufbau der Sammlung.
Das heutige Schloss stammt größtenteils aus dem 17. Jahrhundert. Nur der linke Flügel mit den Galereien stammt noch aus dem 16. Jahrhundert. Dieser Flügel wurde von Artus begonnen und von Claude mit dem Obergeschoss vollendet. Zwischen den Pfeilern kann man nicht nur Marmor Medaillons mit den Abbildungen römischer Kaiser sehen, sondern auch das Wappen mit der Devise der Gouffiers “hic terminus haeret” (Hier ist das Ende).
Das besondere an diesem Schloss ist jedoch die Kombination aus “altem Gemäuer” und einer außergewöhnlichen Sammlung zeitgenössischer Kunst. In der Galerie der Pferde, wo Claude Gouffier Bilder der schönsten Pferde Henri II aufhängen ließ, hat der Künstler Georg Ettl eine neue Interpretation geschaffen. Im Salle de L´Intendant sieht man Bienenkörbe, ihr Summen könnte das von Bienen sein, aber auch die Geräusche einer Luftschlacht. Ian Hamilton Finlay bezieht sich mit seinem Werk auf die Schlacht bei Midway zwisschen Amerikanern und Japanern im Jahr 1942.
Im Eßzimmer befindet sich ein Eßgeschirr für 150 Bewohner des Ortes Oiron, die hier jedes Jahr am 30. Juni zu Gast sind. Unter der Renaissancetreppe aus dem Jahr 1544 findet man Gemälde aus dem 16. Jahrhundert.
Ein außergewöhnliches Projekt ist sicherlich der Roboter Norio der seit November 2013 gehbehinderten Besuchern zumindest auf der Erdgeschoss- Ebene helfen soll, die Sammlung zu entdecken.
In jedem Raum wird die Idee der Kunst- und Wunderkammer des 16. Jahrhunderts anders umgesetzt und sie ist in einem hohen Maße spannend und immer wieder überraschend.
Resümee der Redaktion:
Wir waren an einem grauen und nebeligen Septembernachmittag auf Château d’Oiron, hatten wenig erwartet und sind in hohem Maße begeistert worden, wir nahmen Platz in den Ledersesseln, während vor den Fenstern ein unsichtbares Regiment marschiert, jedoch …
Das Gebäude hat bei diesen Wetterverhältnissen eine morbide Atmosphäre und so wurden wir von einem leicht gruseligen Gefühl begleitet.
Was wäre wenn, die Türen verschlossen, niemand am Tor …